Mittwoch, 3. November 2021

Ein ehemaliger Bundesrichter spricht Klartext

               

Das Covid-Gesetz kommt am 28. November zur Volksabstimmung. Eine sorgfältige Analyse zeigt, dass es vor der Bundesverfassung nicht standhält. Die sogenannten «Freunde der Verfassung» haben mit rund 187`000 Unterschriften das Referendum eingereicht. Diese hohe Zahl bildet ein Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt. Stein des Anstosses bildet die grundsätzlich unbefristete Schaffung der gesetzlichen Grundlage für das Covid-Zertifikat. Dieses dokumentiert eine Covid-19 Impfung, eine durch-gemachte Erkrankung oder ein negatives Testergebnis und soll erst den Zutritt in Restaurants und gewissen gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Veranstaltungen ermöglichen. Für Wirtschaftsbesuche und viele Veranstaltungen ist das Zertifikat Eintrittsvoraussetzung. Dadurch werden zwei Arten von Menschen geschaffen. Es werden Personen, die über kein Zertifikat verfügen, recht eigentlich ausgegrenzt. Sie sind nur noch zweitklassig. Sie können ihren Arbeitsplatz verlieren, können ihre Verpflegung nicht mehr in einem Restaurant einnehmen usw. In gewissen Gymnasien werden sie gegenüber Mitschülern stigmatisiert. Das Innehaben eines Zertifikates wird von Staates wegen geprüft. Es erfolgt eine eigentliche Überwachung. Motiv ist der Zwang zu einer Corona-Impfung, damit die entsprechende Pandemie besser bekämpft und beendet werden könne. 

Die Verfassungsmässigkeit derartiger Gesetzesauswirkungen wird von der Exekutive negiert oder als zweitrangig eingestuft. Das Parlament macht mehrheitlich mit. Es wird verkannt, dass unsere Bundesverfassung Basis und Grundlage alles staatlichen Handelns und damit den Kern unseres Rechtsstaates bildet. Wie heiß es doch in unserer Verfassung? In Art. 8 Abs. 2 steht ausdrücklich, dass niemand diskriminiert werden darf, vor allem nicht wegen der religiösen, weltanschaulichen oder der politischen Überzeugung. Und ebenso deutlich ist Art. 10 Abs. 2 der Bundesverfassung: Jeder Mensch hat Anspruch auf persönliche Freiheit, auf körperliche Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit. Dass das Diskriminierungsverbot rechtlich von grosser Bedeutung ist, zeigt der Umstand, dass das Bundesgericht seit dem Jahre 1954 nicht weniger als 141 Urteile mit dieser Problematik publiziert hat. Es erwog dabei, dass die Diskriminierung eine qualifizierte Art der Ungleichbehandlung bildet.

Sorgfältig und in Kenntnis der möglichen tatsächlichen Verhältnisse erkannte das Bundesgericht, dass Ausnahmen bestünden. Dafür sind nach der konstanten Rechtsprechung des Bundesgerichtes jedoch sachliche Gründe erforderlich. Diese sachlichen Gründe sind aber nicht massgeblich, wenn sie rechtmässig, das heisst ihrerseits konform mit der Verfassung sind. Sie haben vor allem Art. 10 Abs. 2 der Bundesverfassung zu entsprechen. Eine Impfung bildet klar einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Sie bedarf des ausdrücklichen Einverständnisses der betroffenen Person. Dafür direkte oder indirekten Zwang auszuüben ist somit verfassungswidrig. Dass auch ein Schutz gegen mittelbaren oder indirekten Zwang besteht, hat das Bundesgericht schon im Jahre 1956 entschieden. Weil das Covid-19 Gesetz u.a. einen solchen bezweckt, ist es insofern und insoweit verfassungswidrig.

Verletzt ist auch die persönliche Freiheit. Mildere Massnahmen als eine Zertifikatspflicht würden ebenfalls zum Ziel führen, d.h. eine solche wäre hierfür nicht erforderlich: die Maskenpflicht u.a. zeigt bekanntlich auch Erfolge. Die Zertifizierungspflicht ist nicht verhältnismässig. Sie führt zu einer elektronischen Überwachung des sozialen Lebens. Eine Ausgrenzung ganzer Teile der Bevölkerung führt allenfalls rascher zum Ziel: der Zeitgewinn ist jedoch mit aller Wahrscheinlichkeit nicht derart überwiegend, dass dies eine schwerwiegenden Eingriff aufzuwiegen vermöchte. Die Zertifikatspflicht führt wie dargelegt zu einer staatlichen Überwachung von unbescholtenen Personen, was allenfalls der persönlichen Freiheit widerspricht. Es liegt somit ein mehrfacher, d.h. qualifizierter Verstoss gegen die Bundesverfassung vor. Da wir in der Schweiz über kein Verfassungsgericht verfügen, kann ein Bundesgesetz nicht auf die Überstimmung mit der Bundesverfassung beim Bundesgericht angefochten werden. Dessen Rechtsprechung bezieht sich nur auf kantonale Gesetze und Verfügungen. Somit müssen Stimmberechtigte die Überprüfung auf die Verfassungsmässigkeit übernehmen und am 28. November NEIN stimmen.

Karl Spühler

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