Dienstag, 28. Februar 2017

Lehrer H. von "harter Pornographie" freigesprochen



Am 24.2.17 wurde Lehrer H. vom Basler Appellationsgericht vom Vorwurf der "harten Pornographie" freigesprochen. Staatsanwältin Eva Morgenthaler alias Eva Eichenberger hatte in ihrer Anklageschrift behauptet, die "Comics für Erwachsene", die Lehrer H. auf seinem Computer "hergestellt" habe, seien "harte Pornographie". Auch dieses Mal hatte die fleissige Staatsanwältin einmal mehr den Bogen überspannt. Zwar dürfte sie von Appellationsrichterin Jacqueline Frossard massiv in ihren abstrusen Ideen unterstützt worden sein, dennoch rang sich das Appellationsgericht zur Feststellung durch, dass die inkriminierten Comics gerade noch als Kunst zu werten seien.

Wikipedia meint dazu:

Erich von Gotha entwickelte in der Reihe Die Leiden der jungen Janice eine stark pornografisch gefärbte Comic-Ästhetik, deren naturalistisch-plakative, auf größtmögliche Klarheit der Darstellung bedachte Ausgestaltung der Bildräume teilweise durch die dekorative Malerei des Rokoko und Spätbarocks beeinflusst ist. In den im Hintergrund der Panels sichtbaren Plastiken und Gemälden tauchen sehr häufig erotische Themen und Motive auf, was für die Epoche typisch war. Vornehme Boudoir-Szenen füllen üppig-schwülstige, barocke Ornamente sowie überbordende Verzierungen an Bauten, Innenräumen und Möbeln, gezeichnet in leichten, spielerisch gewundenen Linien. Die farbenfrohe, opulente Kleidermode des Rokoko kommt ebenfalls nicht zu kurz, auch wenn Janice immer wieder gezwungen wird alle Hüllen fallen zu lassen.
Der Künstler spielt mit den Klischees der Epoche: So wie die Schäferdichtung sich in Lobgesängen auf eine Schäferin der volksnahen Verklärung menschlicher Geschlechtlichkeit und Sinnenfreude zuwendet, tut er das Gleiche auf seine Weise. Die Liebeslyrik, Malerei und Skulptur des Rokoko lobt ursprüngliche Natur und unverdorbene Menschen, die natürlich, wahrhaftig und ehrlich ihre Gefühle und Triebe ausleben und ohne gesellschaftliche Zwänge existieren. Im Kontrast dazu dient der Adelshof als Kulisse von Tugendlosigkeit, Destruktion der Natur und von mangelndem Anstand. Hinter den galanten Umgangsformen des höfischen Lebens versteckt sich im Rokoko ein leichtfüßiges, feinsinniges Lebensgefühl gepaart mit zügelloser Sinnlichkeit und ausschweifendem Lebenswandel. Der Autor schildert also eine niederträchtige Intrige, mit der ein schönes, junges, unschuldiges Mädchen von dem grausamen britischen Adel verdorben und korrumpiert wird. Die verlockende, kurvenreiche aber schlanke, blonde Janice McCormick wird zum Opfer von sadistischen Phantasien lasterhafter und perfider, ekelerregender Aristokraten.
Sein graphischer Naturalismus suggeriert historische Authentizität, doch ist Janice-Reihe weniger eine Rekonstruktion des sozialen Rahmens Englands in der Mitte des 18. Jahrhunderts als vielmehr ein eigenwilliges Mix kostümbildnerischer und architektonischer Accessoires, die einer Spanne von hundert bis zweihundert Jahren entstammen. Trotz dieser zeichnereichen Stilisierung hat der Comic in hohem Maße glaubhafte Welt inszeniert, und das gilt gleichermaßen für seine Charaktere, deren Temperamente und Motivationen Bernard Joubert in sinnigen Dialogen offenlegt, wie auch für deren Gestik und Mimik. Während die Emotionen in den Gesichtern quasi nebenbei visualisiert wurden, gehört vor allem das Libido und das sexuelle Verhalten der Figuren zu ihrer Charakterisierung. Jedes Detail wird so zum ausdrucksteigernden Formelement, alles wird zum Dekor einer konstruierten Welt, deren Gesetzmäßigkeit allein dem Kult der nackten Körper dient, deren Bewegungen der Zeichner in Posen von akademischer Präzision einfror. Seine Kenntnisse über Farbenlehre, Komposition, plastische Anatomie, Porträtzeichnen, Akt, Perspektive, Bildaufbau, Proportion und Rhythmus, die ihm die klassische Ausbildung an der Kunstakademie vermittelte, machen sich auf jeder Seite in der Ausdrucksqualität der Panels bemerkbar.


Von Gotha hatte die Schicksalsodyssee seiner jungen Heldin als einen Comic-Roman konzipiert, der nach vier Bänden mit der Befreiung Janice von ihrer Vergangenheit seinen Abschluss finden sollte. Es ist für ihn ein ungewöhnliches Vorhaben, denn seine früheren, in Torrent abgedruckten Comic-Geschichten waren hauptsächlich ein Seriengeschäft. Wegen der offen dargestellten Sexszenen hatten englische Verleger grundsätzliche Bedenken, so dass die Serie zunächst im liberalen Frankreich veröffentlicht wurde. Die Serie Die Leiden der jungen Janice ist ein farbenprächtiges Mosaik, dessen Einzelteile unmittelbar fesseln, denn immer geht es um einzelne menschliche Schicksale in Extremsituationen. Zusammen aber ergeben sie eine spannende erotische Geschichte, eine sinnliche Welt, die Sehnsucht nach mehr BDSM-Comics auf diesem Niveau weckt.

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