Samstag, 23. März 2019

Behördenkriminalität im Spätmittelalter

Heute Nachmittag wird Elisabeth Ackermann auf die Mittlere Brücke spazieren. Bis zum Käppelijoch, wo die Regierungsrätin feierlich eine Gedenktafel enthüllen wird. Der Standort ist nicht zufällig gewählt. Die Tafel soll an alle Frauen und Männer erinnern, die in Basel Opfer der Hexenverfolgung wurden. Hier, bei der Mittleren Brücke fanden viele von ihnen einen grausamen Tod. Der Henker fesselte den meist weiblichen Verurteilten Hände und Füsse, beschwerte sie mit Gewichten und stiess sie vor den Augen der Schaulustigen in den Rhein. Vereinzelt überlebte eine Frau laut Gerichtsakten die Tortur und wurde danach nicht weiter verfolgt. Alle anderen ertranken. Helfer zogen ihre Leichen auf der Höhe des St.-Johann-Tors mit langen Stangen ans Ufer. Mindestens 29 Frauen wurden während des späten Mittelalters und der Neuzeit in Basel als Hexen hingerichtet. Hinweise auf ihre Schicksale finden sich teilweise in Gerichtsakten, manchmal auch nur als Posten im Ausgabenbüchlein der Stadt. Eine Hinrichtung kostete schliesslich immer etwas. Der Henker musste bezahlt werden, und im Falle einer Verbrennung auch das Brennholz. Der Scheiterhaufen war neben dem Ertränken die beliebteste Hinrichtungsart für angebliche Hexen. Der Holzstoss dafür wurde jeweils vor den Toren der Stadt auf dem heutigen Zolli-Parkplatz errichtet. Bevor man die Hexen darauf festband und das Holz in Brand setzte, mussten die Verurteilten im Hof des Rathauses ihre Geständnisse bestätigen. Danach zerrte man sie unter dem Gejohle der Menge an Seilen, manchmal auch auf einen Holzschlitten gebunden, durch die Stadt zum Scheiterhaufen.
Ein Geständnis war ironischerweise zwingend, um eine Frau als Hexe hinrichten zu können. Nur die wenigsten gaben jedoch freiwillig zu, mit dem Teufel geschlafen oder ein Kind durch böse Blicke getötet zu haben. Daher folterten die Verfolger die Frauen so lange und grausam, bis sie irgendwann sich selbst und andere belasteten, um den Schmerzen ein Ende zu setzen. Diese «Verhöre», bei denen den Angeklagten unter anderem Daumenschrauben angelegt wurden oder man sie mit gefesselten Händen und mit Gewichten an den Füssen an der Decke hängen liess, fanden oftmals im Eselsturm am Barfüsserplatz statt. Dort, wo heute der Braune Mutz steht.
Zu den Opfern, die mit der neuen Tafel geehrt werden sollen, gehört auch die Basler Metzgersfrau Gret Fröhlicherin. Sie war die erste, die in der Region Basel nachweislich als Hexe verbrannt wurde. Ein umherziehender «Hexendoktor» hatte in Basel mehrere Frauen angeblich als Hexen identifiziert. Fröhlicherin konnte sich zwar vor Gericht erfolgreich gegen die Anschuldigungen wehren, indem sie den selbst ernannten Experten wegen Verleumdung verklagte. Die Geschichte holte sie jedoch acht Jahre später in Pratteln wieder ein, wohin sie zwischenzeitlich ohne ihren Mann gezogen war. Als Alleinstehende war Fröhlicherin sowieso suspekt. Dazu arbeitete sie vermutlich als Hebamme – ein Berufsstand, der aufgrund der hohen Sterblichkeit bei Wöchnerinnen und Neugeborenen häufig Zielscheibe von falschen Anschuldigungen wurde. Besonders, da man davon ausging, dass die Hexen für ihre Gelage mit dem Teufel Babys und kleine Kinder brauchten. Im Jahr 1458 wurde Fröhlicherin schliesslich erneut der Hexerei beschuldigt und öffentlich verbrannt.
Auch Barbel Schinbeinin, deren Geständnis im Basler Staatsarchiv nachgelesen werden kann, ist unter der Folter zusammengebrochen. Die gebürtige Neuenburgerin (D) gab zu, sich eines Nachts vor dem Riehentor dem Teufel im sogenannten Teufelskoitus hingegeben zu haben. Zum Dank habe Satan ihr Zauberkräfte verliehen, mit denen sie später im Kleinbasel ein Mädchen gelähmt habe. Die Richter verurteilten sie aufgrund dieses Geständnisses ebenfalls zum Tod.
Ein dritter gut dokumentierter Fall ist der von Margreth Vögtlin aus Riehen. Die Seniorin wurde unter anderem beschuldigt, ein Kind im Arm gehalten und dabei gelähmt zu haben. Auch dass eine Krähe einmal auffällig lang über ihrem Kopf gekreist sei, sprach gegen sie. 1602 kam es schliesslich zum Vorwurf, die «Gräfin», wie Vögtlin in Riehen genannt wurde, habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Um von ihr ein Geständnis zu erpressen, wurde die Frau über vier Wochen hinweg mehrere Male gefoltert. Jedoch ohne Erfolg. Schliesslich zogen die Verantwortlichen für ein Gutachten Theologen und Juristen der Universität Basel hinzu. Diese hielten fest, es sei besser, einmal eine Schuldige zu verschonen als eine Unschuldige zu ertränken. Sie retteten Vögtlin damit zwar das Leben, sie wurde aber für den Rest ihres Lebens in ein «Spital», eine Art Armenhaus, eingesperrt.
Bereits im Jahr 2012 forderten die ehemalige Grossrätin Brigitta Gerber (GB) und weitere Parlamentarier einen rückwirkenden Freispruch für Fröhlicherin, Schinbeinin und Vögtlin – stellvertretend für alle Frauen und Männer, die ihr Schicksal teilten. Vor zwei Jahren antwortete die Regierung, dass eine Rehabilitierung nicht möglich sei, da die Datenlage dafür nicht ausreiche.
Sie stimmte aber zu, beim Käppelijoch eine Gedenktafel zu errichten. Für jene, die in Basel im Namen der Hexenverfolgung gefoltert, verbrannt oder eben hier, wo Elisabeth Ackermann die Tafel enthüllen wird, in den Rhein gestossen wurden. 
Heutzutage werden in Basel-Stadt die sog. Ketzer und Hexen nicht mehr verbrannt. Wenn sie der Regierung zu gefährlich werden, wird ein psychiatrisches Gutachten erstellt und die Zielperson wird in der Psychiatrischen Klinik mit giftigen Medikamenten gefoltert, bis sie ihren Widerstand aufgibt. 2006 hatte man im Basler Erziehungsdepartement den Plan gefasst, den freidenkenden Lehrer H. auf diese Weise zu entsorgen. Lehrer H. liess sich allerdings nicht provozieren und die geplante Psychiatrisierung konnte nicht vollzogen werden. Man änderte den Plan und behauptete wahrheitswidrig, Lehrer H. habe sich mit dem Amokläufer Günther Tschanun identifiziert. Aufgrund dieser falschen Anschuldigung jagte man dem völlig unschuldigen Lehrer die Sondereinheit Barrakuda auf den Hals. In Handschellen brachte man Lehrer H. in den sog. Waaghof, wo er für 48 Stunden in eine Isolationszelle gesperrt wurde. Erst als er Staatsanwalt Dr. Thomas Homberger in die Hand versprach, nach den Sommerferien nicht mehr im Schulhaus zu erscheinen, wurde er wieder freigelassen. Für Dr. Christoph Eymann, dem damaligen Vorsteher des Erziehungsdepartements, war das intrigante Vorgehen seiner Mitarbeiter kein Mobbing. Er habe alle Mobbing-Vorwürfe sorgfältig geprüft und sei zum Schluss gekommen, es gäbe im Fall Lehrer H. keinerlei Hinweise auf Mobbing. Dann verklagte Eymann den Lehrer wegen Verleumdung und die Basler Staatsanwaltschaft erstellte eine 350-seitige Anklageschrift. In erster Instanz wurde Lehrer H. von Gerichtspräsident Dr. Luzius Hagemann zu 2 Jahren unbedingter Haft verurteilt. Damit sich der Lehrer möglichst schlecht gegen dieses kriminelle Urteil wehren konnte, wurde ihm erneut die Sondereinheit Barrakuda auf den Hals gehetzt. Dieses Mal brach die Terror-Einheit sogar die Haustüre des Lehrers auf. Auch dieses Mal wurde Lehrer H. wieder in Handschellen auf den Waaghof gebracht, wo er für 20 Tage in Beugehaft genommen wurde. Hätte der Lehrer dieses erstinstanzliche Urteil nicht innerhalb von 10 Tagen erfolgreich angefochten, wären die 2 Jahre Haft vollzogen worden. Auch das zweitinstanzliche Urteil, das Lehrer H. über sich ergehen lassen musste, erinnert an die Hexenprozesse des Spätmittelalters. Sämtliche Ansichten und Überzeugungen des Lehrer wurden darin zum angeblichen Dauerdelikt pervertiert und der Lehrer wurde dazu verurteilt, sämtliche Kosten von rund 50'000 Franken zu übernehmen. Auch dieses zweite Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Bundesgericht hat festgestellt, dass Ehrverletzungen nicht als Dauerdelikt gelten. Allerdings hat es nicht bemerkt, dass die Wahrheit nicht als "planmässige Verleumdung" darstellt werden darf. Wir sind der festen Überzeugung, dass Dr. Christoph Eymann und seine Mitarbeiter nicht die Verleumdungsopfer sind, sondern die eigentlichen Verleumder. Sie waren es, die den völlig unbescholtenen Lehrer zuerst als psychisch krank, dann als suizidgefährdet und dann als gemeingefährlich einstuften, um ihn aus dem Basler Schulsystem auszugrenzen. Vielleicht wird in 100 Jahren mal eine Gedenktafel für Lehrer H. errichtet.

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